Nachdem ich mich gut zwei Jahre nur schwer aufs Lesen konzentrieren konnte und dies nun wieder supi geht, haben meine Rezensionen nun nach literaturtipp.com ein neues Zuhause gefunden, nämlich auf phenomenelle.de
Ich freue mich sehr, dass ich Euch auch hier die Bücher ans Herz legen darf, die ich für phenomenelle lese und phänomenal finde. Den Anfang macht darum Fußballtöchter:
Elke Weigels erster Roman nach Kurzgeschichten und Fachbüchern könnte
auch gut eine Drehbuchvorlage sein. Von der ersten Seite an habe ich
zwar ohnehin eine Menge Bilder im Kopf, würde die Geschichte aber auch
zu gerne verfilmt sehen, so viel Emotion, Musik, trister Alltag und
gleichzeitig Spannung prallen hier aufeinander.
1970 ist es Frauen nicht erlaubt, Fußball auf Vereinsplätzen zu
spielen. Während die Männer Fußball im Fernsehen anschauen oder
anderweitig abgelenkt sind, kicken die Frauen heimlich. In dem
schwäbischen Dorf in der Nähe von Stuttgart bleibt dies jedoch nicht
lang geheim und die Frauen ernten allerhand Häme und Spott.
Die Geschichte rund um Fußball, Emanzipation und Liebe wird aus der
Sicht von Susi geschildert, die noch recht jung ist und unter den
Fittichen ihres depressiven und irgendwie hilflosen Vaters aufgewachsen
ist. Sie hat stillschweigend die Hausarbeit zu erledigen und ihn und
ihren Bruder zu bedienen und lernt langsam aber stetig, dass dies so
nicht das richtige Leben sein kann. Unterstützung erfährt sie durch ihre
Fußballfreundinnen, die allesamt mehr oder weniger auch ihr Päckchen zu
tragen haben.
Doris´ Mann weilt in den USA und so ist sie mit ihren Kindern und
einer gichtanfälligen Mutter weitestgehend auf sich allein gestellt,
Hannelore wird zwar vom Vater geschätzt und unterstützt, muss sich aber
ihr Selbstbewusstsein ebenso erkämpfen wie Susi, die immer wieder
verunsichert und schweigsam ist – selbst den Freundinnen gegenüber.
Gerda, ein wenig unbedarft, möchte ihr Leben emanzipiert genießen, lässt
nichts anbrennen – und fasziniert Susi ungemein. Sie ist kämpferisch,
will sich niemandem unterwerfen und verbessert jede, die von “Fußballer”
spricht - es heißt “FußballerIN”.
Sie alle habe ich gleich richtig gern, jede ist eine absolut
besondere Persönlichkeit und so wunderbar beschrieben, dass ich ohne
weiteres gerne Annegret oder eine von den anderen Frauen in der
Mannschaft wäre. Denn eines ist bei allen unterschiedlichen Meinungen
oder Entwicklungen klar: Letztendlich stehen sie füreinander ein. Im
Leben wie auch im Spiel.
Sie spielen unbeirrt weiter, egal, wie sehr sie von anderen in den
Dreck gezogen werden oder ob eine Wiese auf der sie geübt haben von
einem Mann mit seinen Baumaschinen zerstört wird. Wenn das Leben ihnen
Steine in den Weg legt, kicken sie sie gemeinsam weg. Es gibt einige
Männer, die sie unterstützen und so trainieren sie beispielsweise mit
Uli, der immer alle wesentlichen Sätze wiederholt und es schafft, dass
sie als Mannschaft zusammenspielen.
Dieses Buch ist immer wieder für eine Überraschung gut – und dass die
Liebe nicht zu kurz kommt, in diesem Fall nämlich die zwischen Susi und
einer der Frauen, lässt Fußball unglaublich romantisch erscheinen. Es
ist so lesenswert und die wohlbekannten Songs, die so gut zu den
einzelnen Situationen passen, hattte ich die ganze Zeit im Ohr. Es ist
ein Buch, bei dem ich eigentlich nur Seite für Seite umblättere aber
trotzdem mit allen Sinnen genieße. Leider endet es nach 244 Seiten –
aber Sätze wie “dieses Gefühlschaos machte sie weich im Körper und wirr
im Kopf” werden bleiben.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen