Bald ist Stef schon 3 Jahre nicht mehr bei uns. Für einen Verein habe ich diesen Text über sie geschrieben, er kann aber nun doch nicht gedruckt werden, also veröffentliche ich ihn hier:
Ich habe keine direkte Angehörige verloren. Kein Kind, keine
Schwester, keine Tante. Und doch war dieser Mensch dies alles. Direkte
Angehörige im Sinne von enger Freundin, keine Blutsverwandte. Aber wir konnten
Quatsch machen wie Geschwister, ernst sein wie Freundinnen, uns gegenseitig Rat
geben wie Tochter und Mutter – und Mutter und Tochter.
Über die Arbeit reden wie Kollegen und miteinander schweigen wie ein Ehepaar.
Wir hatten beide all diese Rollen im Leben der anderen. Wir waren fast 25 Jahre
befreundet.
Natürlich gab es auch mal Streit oder Zeiten, in denen wir
uns wenig zu sagen hatten.
Dennoch haben wir uns immer wieder zusammengerauft.
Es war keine Freundschaft, die man einfach „kündigt“. Wir waren so unterschiedlich
und doch gleich. Haben uns gegenseitig Dinge gelehrt:
An mir hat sie irgendwie „bewundert“, dass ich so gut alleine sein kann. Ich
mochte an ihr besonders, dass sie auf jeden Menschen mit einem großen Vertrauen
zuging. Während ich erst einmal vorsichtig bin, sagte sie immer, dass jemand
nicht gut ist, müsse ihr erst einmal bewiesen werden.
Sie fragte mich aber auch gerne nach meiner Einschätzung und zeigte mir dafür,
wie man Thailändisch kocht oder Sushi wickelt. Wir konnten miteinander Tränen
lachen - und weinen. Sie war „Verbindung“ für viele unterschiedliche Freunde
und liebte es, alle an einen Tisch zu bringen. Aber auch stille Abende allein,
gemeinsames Lesen und über Geschichten Austauschen gab es. Während sie meine Lieblingsbücher
häufig mit einem Augenzwinkern als „Schund“ betitelte, weil darin oft Menschen
starben und von Lebensschicksalen erzählt wurde, bevorzugte sie Fantasy und
sehr verwobene Geschichten, aber auch Jugendbücher. Sie schenkte mir Harry
Potter lange vor dem Hype und erzählte mir begeistert von Wesen aus
Geschichten, die ich mir sogleich bildlich vorstellen konnte.
Musik musste laut sein – oder sehr leise. Wir trafen uns da meist in der Mitte,
wobei sie sich bei unseren Autofahrten auch sehr auf mich einstellte und wir
„unsere Songs“ fanden. Wir spielten Songs an und errieten die Titel. Und wir
sangen mit. Laut und falsch ich, laut und schön sie.
Sie fehlt seit fast drei Jahren. Eingeschlafen und nicht
mehr erwacht. Ich finde, das ist kein schöner Tod. Was damit zu tun hat, dass
ich den Tod nicht schön finden kann. Andere sagen, doch, sie hat nichts
bemerkt. Ich möchte Dinge gern zuende bringen, die Kontrolle haben. Außerdem
war sie viel zu jung.
Ich hatte mal Krebs. Ich habe überlebt. Ich weiß, ich möchte mich verabschieden
können und mich noch lange nicht mit meinem Tod und dem von anderen
auseinandersetzen. Und trotzdem begleitet er mich jeden Tag.
Seit sie fort ist, ist der Tod immer präsent für mich.
Seit sie fort ist, ist sie immer bei mir.
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